Mittwoch, 29. Dezember 2010

Aino Trosell und die schwedische Frauen-Arbeiterliteratur

Aino Trosell wurde 1949 in Malung geboren und gehört zu den schwedischen Autorinnen, die nicht nur als Verfechterin der Arbeiterliteratur gelten, sondern auch die selbständige und unabhängige Rolle der Frau in den Vordergrund stellt. Die Autorin, die mittlerweile 20 Bücher veröffentlichte, kann mit Recht als die erste schwedische Autorin für Frauen-Arbeiterliteratur bezeichnet werden und die eine wichtige Rolle in der schwedischen Frauenbewegung spielt.

Aino Trosell ist in Västerdalarna aufgewachsen, in einer Gegend wo das ungeschriebene Jäntelagen noch heute seine Spuren zeigt. Auch wenn die Autorin bereits im Aufbruchsschweden aufwuchs, so lebte sie während ihrer Kindheit noch in einem Schweden des 19. Jahrhunderts, in der eine Frau in den Dörfern Dalarnas nur dazu geboren wurde um Kinder zu gebären und Heim- und Hofarbeit zu leisten.


Aino Trosell über ihr neues Buch "Hjärtblad"

Ainos Leben veränderte sich, als sie Dalarna mit 17 verließ, um sich in Göteborg anzusiedeln. Bevor sie die Sozialhochschule in Göteborg besuchte, arbeitete sie einige Zeit im Sank Jörgens Krankenhaus und in einer Tabakfirma. Nach Abschluss der Hochschule begann sie im Sozialbüro des Arbeiterviertels Masthugget zu arbeiten, was sich jedoch als Fehlentscheidung herausstellte, da sie den psychischen Anforderungen eines Sozialarbeiter in dieser Gegend einfach nicht gewachsen war.

Ihren nächsten Arbeitsvertrag erhielt sie in der Göteborger Arendalswerft, wo sie als Schweißerin in einem Männerberuf arbeitete und ihre Energie zurück gewann. In dieser Zeit begann sie auch zu schreiben. Aino Trosell fand den Stoff in der Zeit, als sie noch als Sozialarbeiterin tätig war und veröffentlichte ihr erstes Buch „Socialsvängen“ dann im Jahre 1978. Es dauerte jedoch noch sieben Jahre bis sie von ihren Büchern auch leben konnte.

Mit 40 zog Aino Trosell dann zurück nach Dalarna, in Begleitung ihres Mannes und ihrer vier Kinder. Wenige Jahre später scheiterte jedoch die Ehe und die Autorin zog nach Enköping, wo sie ebenfalls mehrere Jahre verbrachte. Im Herbst 2010 zog sie dann in eine Wohngemeinschaft nach Stockholm, wo sie, nach eigenen Erzählungen, ein neues Leben begann.

Aino Trosell hat in mehreren ihrer Bücher ihre eigenen Erfahrungen aus der Arbeitswelt, insbesondere die Warte als Frau in einem Männerberuf beschrieben, was ihr mehrere Preise brachte und sie zu einem Vorreiter der kritischen Frauenromane machte.

Die Autorin hat, außer den Romanen mit historischem Einschlag aus der weiblichen Perspektive, auch vier Kriminalromane geschrieben. Ihr bisher letztes Buch „Hjärtblad“ ist allerdings das persönlichste der 20 Werke, da sie hier ihre Kindheit in Dalarna und die Erzählungen ihres Vaters verarbeitet. Der Leser folgt hier den Spuren des Mädchens Hulda, das sehr viele Parallelen zum Leben von Aino Trosell aufgreift und die Rolle der Frau Ende des 19. Jahrhunderts im ländlichen Schweden beschreibt.

Copyright: Herbert Kårlin

Sonntag, 26. Dezember 2010

Gul ondska, das gelbe Übel, von Peter Gissy

Peter Gissy hat bisher zehn Kriminalromane (und mehrere Kinderbücher) geschrieben, die bisher jedoch nicht ins Deutsche übertragen wurden, obwohl er sich von der Masse der Verfasser an schwedischen Krimis deutlich abhebt und zudem bei mehreren Büchern eine deutsche Anbindung hat.

Einer der Unterschiede zu anderen Kriminalautoren ist die Tatsache, dass der im Jahre 1947 geborene Peter Gissy deutsche Vorfahren hat und die Hochschule für Journalismus in Stockholm besucht hat, also als professioneller Autor auch weiß nach welchen Regeln ein Roman aufgebaut werden muss, damit er in jedem Moment seine Spannung behält und dass er multikulturell erzogen wurde.

Copyright: Tre Böcker Förlag AB, Göteborg

Der nächste Unterschied besteht darin, dass Peter Gissy es auch meistert zwei Personen gleichzeitig zu Hauptfiguren zu machen, denn bei Gul onska hat neben der Kriminalpsychologin Jessica Anehammer auch Gissys andere Hauptfigur, Kent Mortland, eine bedeutende Rolle. Bei Gul Ondska verflechten sich mehrere Geschichten ohne dass der Leser auch nur eine Sekunde den Faden einer der Handlungen verliert.

Der dritte Unterschied zwischen der Mehrheit an Autoren von Kriminalromanen und Peter Gissy ist die Tatsache, dass seine Handlungen bisweilen in mehreren Ländern spielen. Denn auch wenn man seinen letzten Krimi Gul ondska dominant in Göteborg situieren kann, so reist Ken Mortland auch nach Deutschland. Der Leser erlebt Hamburg sowie einen Teil der früheren DDR und stellt fest, dass Peter Gissy auch in Deutschland nichts dem Zufall überlassen hat, sondern sich über geschichtliche Handlungen informierte und die handelnden Orte auch besucht hat.

Während der Mord in Gul ondska mehr einer amerikanischen Linie folgt als der schwedischen, so geht Peter Gissy die Handlung jedoch mehr von der psychologischen Frage des Täters und seiner Verfolger an, was es ihm erlaubt, dem Leser auch die Gefühlswelt mehrere Personen näherzubringen und daher die Schuldfrage nicht in Gut und Böse zu suchen, sondern auch Ursache und Folge erlebt. Ein scheinbar perfekter Mord ohne Spuren lässt gerade wegen der Vermeidung von Spuren solche entdecken, die letztendlich zum Täter führen.


Die zweite, erst fast private Geschichte, die Kent Mortland zu lösen hat, siedelt sich dagegen in der deutschen Vergangenheit zur Zeit des Naziregimes an, was gewisse Parallelen zwischen Peter Gissys tatsächlicher Vergangenheit als Sohn deutscher Vertriebener aus der früheren Tschechoslowakei und geschichtlichen Tatsachen aufzeigt, die der Autor in seinem jüngsten Buch verarbeitet. Die Erzählung nimmt daher fast einen persönlichen Charakter an.

Aber außer den beiden parallelen Geschichten lässt Peter Gissy in Gul Ondska den Leser auch ein aktuelles Problem entdecken, nämlich die Nicht-Selbstverständlichkeit von Homosexualität innerhalb einer sogenannten offenen Gesellschaft, die den Begriff Toleranz nur dann anwendet, wenn er in das eigenen Weltbild passt.

Auch wenn Peter Gissy seit sehr vielen Jahren in Göteborg lebt und arbeitet und sich seine Handlungen in sehr gut geschildertem Göteborger Milieu abspielen, so benutzt er ein mehr klassisches Hochschwedisch, das seine Bücher einem großen Leserkreis öffnen, aber ihnen gleichzeitig etwas sprachliche Lokalität fehlen lassen, die jedoch nur die Leser aus dem Västra Götaland entdecken und vermissen.

Gul ondska ist Peter Gissys fünftes Buch bei dem Kent Mortland die eigentliche Hauptfigur ist, ein Journalist wie der Autor selbst, ein Journalist, der seine Arbeit zum Teil in Frage stellt. Peter Gissys jüngstes Buch könnte merkwürdigerweise deutschen Lesern mehr über die eigene Geschichte näher bringen als den schwedischen Lesern, die zu Kunstdiebstählen unter Hitler, dem deutschen Flüchtlingsproblem der Nachkriegszeit und dem Leben in der ehemaligen DDR weitaus weniger Beziehungen haben.

Das Buch "Gul Ondska" von Peter Gissy kann beim Buchversand von Göteborg Aktuell erworben werden.

Copyright: Herbert Kårlin

Montag, 13. Dezember 2010

Helene Turstens Krimi „Den som vakar i mörkret“

Das jüngste Buch Helene Turstens mit dem Titel „Den som vakar i mörkret“, das in Deutschland unter dem Titel „Der im Dunkeln wacht“ auf den Markt kam, unterscheidet sich in einem bedeutenden Punkt von den vorhergehenden Kriminalromanen der Autorin mit Irene Huss als Hauptperson. Das Buch entstand, nachdem das Manuskript für den Film bereits geschrieben war und der filmische Aspekt tritt daher an manchen Stellen vor den literarischen Aspekt, der die anderen Bücher dominierte.

Wer bisher Göteborg auf den Spuren der Kriminalinspektorin Irene Huss entdeckte, wird bei „Den som vakar i mörkret“ teilweise enttäuscht, denn die Beschreibungen vom Frölunda Torg stimmen in keiner Weise mit der Realität überein. Keines der beiden Einkaufszentren, die im Buch eine gewisse Rolle spielen, sind dort vorhanden.

Foto: Roger Borgelid - Pirat Förlaget

Orte, die im Freien spielen sind dagegen auch im neuesten Buch der Kriminalautorin teilweise selbst detailreich wiedergegeben, wobei sich alle Handlungen des Buches am Randgebiet Göteborgs abspielen, das Besucher der Stadt nur sehr selten zu Gesicht bekommen. Noch wohnt Irene Huss auch in Fiskebäck, einer Gegend, die sehr von der Aktivität der Freikirchen Schwedens beeinflusst ist, aber schon zeichnen sich neue Wege ab.

Das Buch „Den som vakar i mörkret“ nimmt ein sehr aktuelles Thema ins Visier, nämlich das Cyberstalking, eine Methode des Stalkings, das mit der Anwendung der sozialen Medien und privater Blogs eine reelle Gefahr wird, der sich die Mehrheit der Anwender dieser Medien nicht bewusst sind, aber auch bei der Aufklärung von Straftaten unter Umständen sehr hilfreich sein kann.


Eine weitere Besonderheit des jüngsten Buches von Helene Tursten ist, dass hier der Jäger gleichzeitig zum Wild wird, denn während Irene Huss einen Fall aufklärt wird sie selbst zur Gejagten, was dem Buch (und Film) eine gesteigerte Spannung verleiht, auch wenn in Schweden unter Kriminalautoren zur Zeit der dieser Trend entsteht, dass weibliche Polizistinnen Zielgruppe von Kriminellen werden.

Helene Tursten verarbeitet in ihrem Buch „Den som vakar i mörkret“ gleichzeitig einen weiteren schwedischen Trend, der in Buch und Film ebenfalls der Steigerung der Spannung dient. Es geht um die Aufarbeitung klinisch perfekter Morde, die Techniker und Polizei vor zahlreiche Rätsel stellen und die Aufklärung des Falles schwierig machen. Irene Huss und Kollegen müssen den Fall, mangels Spuren, auf psychologische Weise angehen, Profiling benutzen und mit der Ausschließungstheorie arbeiten.

Auch wenn das Buch „Den som vakar i mörkret“ in der Beschreibung Göteborgs als etwas oberflächlich zu betrachten ist, so liegt die Stärke des Buches darin, dass Helene Tursten bei ihrer Arbeit die jüngsten Trends der schwedischen Kriminal-Literatur aufgreift und damit in gewisser Weise auch vielen anderen Autoren Schwedens eine neue Richtung weist, die den schwedischen Krimi von deutschen oder amerikanischen abhebt.

Das Buch "Den som vakar i mörkret" von Helene Tursten kann beim Buchversand von Göteborg Aktuell erworben werden.

Copyright: Herbert Kårlin

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Helene Tursten und Irene Huss

Die Schriftstellerin Helene Tursten, geboren am 17. Februar 1954, gehört mittlerweile zu den meist übersetzen Verfassern von Kriminalromanen Schwedens. Ihren Erfolg verdankt sie der Kriminalinspektorin Irene Huss, die in zehn ihrer Büchern die Hauptrolle einnimmt. Sechs dieser Bücher wurden bereits in Deutsch-Dänisch-Schwedischer Kooperation verfilmt, weitere sechs Filme sind geplant.

Helene Tursten, die erst drei Jahre lang als Krankenschwester arbeitete, studierte Zahnmedizin und arbeitete dann neun Jahre lang als Zahnärztin. Die Autorin wurde in Göteborg geboren, genau genommen im Stadtteil Fiskebäck, wo auch ihre Romanfigur Irene Huss in den bisherigen Büchern wohnte, ein Stadtteil, der sehr von den Aktivitäten der Freikirchen geprägt ist, was sich auch bei ihren Büchern zum Teil zeigt.


Helene Tursten: Sechs neue Filme und ein Buch über Cyberstalking

Wegen einer schweren rheumatischen Erkrankung musste Helene Tursten ihren Traumberuf als Zahnärztin aufgeben und wurde sehr frühzeitig Pensionär. Als die Autorin ihren Beruf aufgeben musste, zog sie 1988 von Göteborg nach Sunne im Wärmland, wo sie begann Artikel für eine Patientenzeitschrift zu schreiben und medizinische Texte zu übersetzen.

Erst im Herbst 1995, nachdem Helene Tursten einen Kurs für Textverarbeitung abgeschlossen hatte, begann sie ihren ersten Kriminalroman „Den krossade tanghästen“ zu schreiben, der dann 1998 auf den Markt kam und im Deutschen im Jahre 2000 unter dem Titel „Der Novembermörder“ erschien. Unmittelbar nach dem Erscheinen des Buches ging es mit der Karriere Helene Turstens als Verfasserin von Kriminalromanen nur aufwärts.

Auch wenn Helene Tursten oft als die Kriminalkönigin des Wärmlands bezeichnet wird, so handeln ihre Kriminalromane, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, alle in Göteborg und seiner näheren Umgebung. Während ihre Beschreibungen des Göteborger Milieus und den handelnden Orten in ihren ersten Büchern fast als Stadtführer betrachtet werden können, so weichen die handelnden Orte, vor allem in ihrem zehnten Buch, erheblich von der Realität ab.

Während die Handlungen der Kriminalromane ausschließlich von Helene Tursten kommen und man auch gewisse Parallelen zwischen der Autorin und ihrer Hauptfigur Irene Huss finden kann, so werden die kriminaltechnischen Teile von ihrem Ehemann Hilmer, der früher bei der Polizei arbeitet (und heute Zahnarzt ist) der Realität angepasst.

Die Kriminalromane mit Irene Huss erscheinen mittlerweile, nahezu parallel zu den schwedischen Ausgaben, auch in deutscher Sprache. Für die neuen sechs Filme, für die die Dreharbeiten Ende 2011 abgeschlossen sein werden, entstanden zum Teil völlig neue Manuskripte. Sämtliche sechs Filme werden in Deutschland im Laufe des Jahres 2012, erneut parallel zu den schwedischen Filmen, gezeigt werden.

Die Bücher von Helene Tursten können beim Buchversand von Göteborg Aktuell erworben werden.

Copyright: Herbert Kårlin